Traxl B. u.a. (Hrsg.): Psychoanalyse „outside the box“. Psychodynamisches Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen außerhalb des klassischen Therapiesettings. Brandes & Apsel 2023

Sicher verbinden viele mit dem Wort „Psychoanalyse“ lediglich ein klassisch-traditionelles Heilverfahren, das mit Couch, jahrelangen Sitzungen, Abstinenz, vielleicht auch Hypnose, heute nicht mehr zeitgemäß wirken mag.

Erfrischend daher der Brückenschlag in die nicht-therapeutische Praxis, dessen Darstellung in dem vorliegenden Reader den Autor:innen wunderbar gelungen ist.

In den unterschiedlichsten Praxisfeldern KiTa, Schule, Arbeit mit Geflüchteten und Menschen mit Handycap, Gruppenarbeit mit Müttern und Säuglingen/Kleinkindern und letztlich auch der tiergestützten Psychotherapie wird mithilfe sehr anschaulich und berührend dargestellter Fallvignetten deutlich gemacht, was Psychoanalyse darüber hinaus noch ist:

Eine sehr praxisnahe Wissenschaft, die es uns Praktiker:innen ermöglicht, menschliche und zwischenmenschliche Erlebens- und Verhaltensweisen besser zu verstehen. Dabei spielen die psychodynamischen Erkenntnisse, die uns die Psychoanalyse als Wissenschaft heute beschert, eine entscheidende Rolle. Sie helfen, nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch das „Szenische“, körperliche Ausdrucksformen in Gestik, Mimik, Tonfall u.v.m. in Zusammenhang zu setzen mit all den innerpsychischen Vorgängen, die schwer oder noch gar nicht verbalisierbar sind und durch unser tiefenpsychologisches Verstehen und Tun einen anderen, neuen Ausdruck bekommen können – auch jenseits eines richtlinienkonformen Psychotherapiesettings mit mehr oder weniger klar diagnostizierbaren Störungsbildern.

Beim Lesen wird schnell klar, wie weitreichend psychoanalytisches Verstehen unser Miteinander in pädagogischen und vor-therapeutischen Handlungsfeldern positiv beeinflussen kann, wenn es nicht die Wissenschaft im Elfenbeinturm bleibt oder die vermeintlich erste und beste Therapiemethode, sondern ein Erkenntnisverfahren, das immer auch die psychophysische Wechselwirkung innerhalb einer Beziehung miteinschließen will.

Der Blick „outside the box“ von der Psychotherapie als Heilverfahren der Psychoanalyse zum hilfreich-heilsamen Umgang miteinander in verschiedensten Kontexten wird in dem vorliegenden Buch so überzeugend dargestellt, dass es diejenigen, die aktuell um die Zukunft der Psychoanalyse bangen, optimistisch stimmen kann/sollte.

Renate Engelhardt-Tups
Dipl-Päd.,Dipl.aKJP
Dozentin und Supervisorin, Ambulanzleitung am Winnicott-Institut, Hannover      
März 2015