Tempest Kae: Verbundensein.Suhrkamp nova, Frankfurt a.M., 3. Auflage 2022, 138 Seiten

Nach einem Theaterabend im Theater Bremen im Mai 2023, mit dem Titel „Verbundensein“, kam ich auf dieses Buch. Kae Tempest kannte ich bis dahin nicht, wurde aber während des Stücks und danach neugierig – also: fühlte mich bereits verbunden! In diesem Stück wurden viele Sätze aus dem gleichnamigen Essay auf die Bühne gebracht. Dieser Essay stellt zugleich ein intimes Selbstporträt dar.

Dass sich Kae Tempest u.a. an C.G. Jung orientiert, war mir zunächst fremd und ließ mich erst einmal innerlich zurücknehmen; dann aber las ich Tempests eigenen Blick darauf und auf sich selbst. Das war okay! Alles in allem stimmte mich der Text nachdenklich und machte mir gleichzeitig Mut, da ein mitteljunger Mensch (geb. 1985) einen so wachen, hellen, kritisch-konstruktiven Blick auf die Welt, auf die Menschen, auf sich selbst richtet, verbunden mit so vielen kreativen weiterführenden Gedanken. Das verändert die Welt zwar nicht, bedeutet aber eine aufbauende, wertvolle Störung, um gegenüber der verbreiteten politisch-kapitalistischen Egozentrik einen konstruktiven Halt zu finden, sich nicht allein zu fühlen, mutiger diese Gedanken zu verbreiten. Es geht auch um die alltäglichen Begegnungen, den Blick auf sich selbst, auf das Gegenüber sowie auf die vermeintlich uninteressanten Dinge. Dabei macht Kae Tempest immer wieder die Schwierigkeiten deutlich, verbunden mit uns selbst, unseren Nächsten und mit der Umgebung, verbunden in einer Welt der Digitalität und der modernen Technologien zu sein, in einer Welt politischer und gesellschaftlicher Erschütterungen. Tempest fragt nach nicht weniger als dem „richtigen Leben“ in einer Welt, die vor allem auf materiellen Gewinn aus ist und spürt sie auf, diese kleinen und größeren Momente des Verbundenseins.

Ingritt Sachse      
Juli 2023