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Stern, Daniel/Bruschweiler-Stern, Nadia: Geburt einer Mutter. Die Erfahrung, die das Leben einer Frau für immer verändert. 3. Auflage, Brandes & Apsel, Frankfur/M.. 2014


Daniel N. Stern ist einer der herausragenden Säuglingsforscher, der nach einem produktiven Leben 2012 verstarb. Zusammen mit seiner Frau, Nadia Burschweiler-Stern (Kinderärztin und Kinderpsychiaterin), legt er hier ein Buch vor, das als Vorbereitungshilfe für werdende Mütter und Väter verstanden werden kann.

Wir begegnen in diesem Buch u.a. einem alten Bekannten, Joey, einem Säugling, der uns aus einem früheren, ebenso wunderbaren Buch, "Tagebuch eines Säuglings" bekannt ist. Beide Bücher stellen Geschenke für die Leser_Innen dar und sind gleichsam die Quintessenz der wissenschaftlichen Arbeiten Sterns, hier zugänglich gemacht für ein allgemeines Publikum. Aber auch Fachleute haben ihre Freude an den lebendig geschriebenen Texten. Eröffnet der ältere Text ein mitfühlendes Verstehen der Welt des vorsprachlichen Säuglings, so hilft der vorliegende zu einem besseren Verständnis von Mutterschaft, gerade auch aus der inneren Welt der Mütter, die mit einigen Veränderungen in ihrem Hormon- und Geisteshaushalt zurecht kommen müssen. Viele junge Mütter werden sich in einigen Passagen wiedererkennen und so manch junger Vater erhält die Möglichkeit, seine Partnerin und ihre Erlebensweise während der Schwangerschaft und nach der Geburt besser zu verstehen.

Unter bindungstheoretischer Perspektive ist das Kapitel zur Thematik der Frühgeburt sehr interessant. Stern/Bruschweiler legen dar, dass die Mutter eines Frühchens keine Zeit hatte, sich von den vorgeburtlichen Phantasien zu verabschieden und sich langsam mit dem realen Kind auseinander zu setzen. Fand dieser Prozess nicht statt, dann wird die Diskrepanz zwischen imaginiertem und realem Baby schwer auflösbar. Erschwert wird die Bindung der Mutter an das Frühgeborene wesentlich durch den erschwerten Kontakt, da Frühgeborene meistens im Inkubator liegen und nur behandschuht berührt werden dürfen. Allerdings gibt es da inzwischen auch andere Umgangsweisen, bei denen die Versorgung des frühgeborenen Säuglings am Mutterleib möglich ist.

Kritisch sei erwähnt, dass es hier hauptsächlich um Mittelschicht Angehörige geht. Positiv ist, dass Stern/Bruschweiler die gesellschaftliche Situation der berufstätigen Mütter (die in Amerika noch dramatischer ist als bei uns in Deutschland) kritisieren, zumal nach bisherigem Wissen der Bindungsforschung zwei Jahre intensive Betreuung durch Mutter/Vater die beste Voraussetzung für die Entwicklung sicher gebundener Kinder und späterer Erwachsener darstellen.

Das ist mal ein Buch, dass allen werdenden Eltern vom Staat überreicht werden könnte, anders als das unsägliche Machwerk von Frau Dr. Haarer ("Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind"), dass in Nazideutschland kostenlos verteilt wurde und mit unwesentlichen Änderungen noch bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts neu aufgelegt wurde.

Bernd Kuck      
Oktober 2015

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Geburt einer Mutter

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