Lüdemann, Gerd: Das Jesusbild des Papstes.
Über Joseph Ratzingers kühnen Umgang mit den Quellen,
Springe 2007, 158 Seiten, zu Klampen Verlag.
Gerd Lüdemann ist Professor für Geschichte und
Literatur des frühen Christentums an der Theologischen Fakultät
der Universität Göttingen. Seit nunmehr acht Jahren
streitet er um die Unrechtmäßigkeit seiner „Kaltstellung“
an der Universität, da nämlich der eigens für ihn
geschaffene, respektive umbenannte Lehrstuhl, ihm die Studenten
entzieht. In dem neuen Fach sind keine Abschlüsse möglich
und die Stelle erlischt mit der Emiritierung ihres Inhabers. Derzeit
ist Lüdemanns Klage vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig
und soll evtl. 2008 entschieden werden.
Bislang haben die
Vorinstanzen der Universität recht gegeben, in dem sie quasi
bescheinigten, dass die Theologische Fakultät dazu da ist, die
Glaubenssätze zu vertiefen, nicht etwa dazu, den Glauben zu
erschüttern. Das tat aber Lüdemann mit seiner kritischen
Bibelforschung, die ihn selbst des Glaubens beraubt hat, darin der
Wissenschaft verpflichtet.
Nun fragt es sich wieder einmal, wie
weit es mit der Trennung von Staat und Kirche in unserem Lande her
ist. Was hat überhaupt Theologie an einer Universität zu
suchen? Dann schon eher ein Lehrstuhl für Geschichte und
Literatur des frühen Christentums, indes die Theologen sich z.B.
Bibelschulen einrichten sollten, in denen sie ja ihr
Glaubensbekenntnis vertiefen und auslegen können –
natürlich ohne staatliche Förderung!
Der
Text selbst ist für jemanden, der die Phänomene Religion
und Glauben eher von der psychologischen Seite angeht, nicht so recht
nachvollziehbar. Lüdemann versucht mittels der
historisch-kritischen Methode dem Papst nachzuweisen, dass er die
Quellen nach seinem Gutdünken auslegt. Aber das haben die
Gläubigen doch eigentlich immer schon so gehalten. Dem
Glaubensphänomen wird man nicht mit Argumenten beikommen, schon
gar nicht mit rationalen. Immerhin gehorcht die Gläubigkeit
einer inneren psychologischen Notwendigkeit. Sei es – wie
vielleicht im Falle Ratzingers -, um die Macht zu erhalten oder im
Falle des Normalreligiösen, der einfache Lösungen sucht und
in seinem eher kindlichen Gemüt die Last der Verantwortung
menschlicher Existenz untragbar findet. Es gilt noch immer das
Freud-Wort, wonach die Religiösen angesichts der Weltprobleme
(Freud bezog es auf die Entdeckung der inneren Konflikte, wie sie
sich aus dem Ödipuskomplex ergäben) mit ihrem Eiapopeia zur
Stelle seien.
Auf
jeden Fall ist das Buch interessant, da hier einiges über den
historischen Jesus zu erfahren ist. Lüdemann referiert
Ratzingers Text (er schreibt dann nur noch R.) und unterzieht ihn
dann einer ausgiebigen Quellenkritik. Der 'unfehlbare' Papst wird da
allzumenschlich, einer, der in die Quellen hineinliest, was er gerne
herausgelesen wissen will. Damit steht der Papst ganz in der
Tradition der Evangelienschreiber und -abschreiber. Nur schaut ihm
diesmal einer beim Tun direkt auf die Finger und weist ihm seinen
Dogmatismus nach, den er scheinheilig als historisch-kritische
Methode ausgibt.
Damit
erzählt R. Geschichten vom Hörensagen. Sein Hauptlieferant,
das Johannesevangelium,
„ist
das jüngste Evangelium und von nur geringem historischen Wert.
Die zahlreichen wörtlichen Übereinstimmungen zwischen den
anderen drei Evangelien wertet die Forschung im Rahmen der
Zwei-Quellen-Theorie so aus, dass „Matthäus“ und
„Lukas“ unabhängig voneinander sowohl das
Markusevangelium als auch eine Sprichquelle („Q“) benutzt
haben und ebenso wie deren Verfasser keine Augenzeugen sind.“
(150)
Ratzingers
Jesusgeschichte ist demnach eine zurechtgebogene. Wissen könnte
er, das Jesus ein Jude aus Galiläa war und zum Gott der „Bibel
Israels“ betete.
„Hätte
er sich mit diesem (Gott, BK) auf eine gleiche Stufe gestellt, ja
sich als Gott bekannt, wäre das Blasphemie gewesen. Schwerlich
hätten sich ihm dann zu seinen Lebzeiten so viele Juden und
Jüdinnen angeschlossen.“ (142)
Also
einer der damals gängigen Prediger und Propheten, deren es viele
gab, denn die Angst der damaligen Menschen war groß und das
Wissen gering.
Dipl.-Psych. B.Kuck, November2007
© PPFI, B. Kuck
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