Laimböck, Annemarie: Schwierige Passagen. Herausforderungen an die psychoanalytische Methode. Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt/M 2007.
Die Autorin zeigt
an Beispielen aus der analytischen Literatur und an eigenen
Fallvignetten, dass die Beibehaltung der gleichschwebenden
Aufmerksamkeit, das Zulassen von innerer Unsicherheit, die Lösung
erbringen kann, was jedoch an die Bereitschaft zur kreativen
Neuschaffung individueller Begegnung gebunden ist. Schon Otto Rank
der ungeliebte Dissident der frühen Psychoanalyse vertrat die
Auffassung, dass für jeden Patienten die Therapie neu erfunden
werden muss.
Nicht von ungefähr erinnert Frau Laimböck
an Theodor Reik (Hören mit dem dritten Ohr) und an die
hermeneutische Methode. Anknüpfend an Argelander sucht sie die
Lücken und Brüche im „Text“, um so zum
Verstehen des Individuellen und der sich konkret ereignenden
therapeutischen Beziehung zu gelangen. Gerade der hermeneutische
Zirkel zeichnet sich durch das Paradox aus, alle Theorien zu
vergessen und selbst noch die eigene Person. Dabei meint Vergessen
gleichsam das Offenhalten für Begegnendes, wobei dem Unbewussten
die Führung überlassen wird. Lücken und Bruchstellen
bieten dann den Anlass, gerade hier den Zirkel neu beginnen zu
lassen. Heute wissen wir sogar, dass es hirnphysiologisch notwendig
ist, sich der Führung durch das Unbewusste zu überlassen,
weil es eine viel größere Zahl von Daten und Fakten
verarbeiten kann, als dies dem Bewusstsein je möglich ist.
Theorien werden damit nicht überflüssig, vielmehr ist es
Aufgabe des „Textauslegers“, sein Wissen und seine Person
immer zu erweitern, damit er überhaupt in die Verlegenheit
kommt, mehr zu verstehen, als eine Theorie sich träumen
lässt.
Schwierige
Passagen