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Hofer-Moser, Otto (2018): Leibtherapie. Eine neue Perspektive auf Körper und Seele. Psychosozial-Verlag, Gießen, 296 Seiten, kartoniert, 29,90 Euro


Eingangs setzt sich der Allgemeinmediziner Hofer-Moser mit dem Doppelaspekt von Leib und Körper auseinander, also der gängigen Betrachtung im philosophischen Diskurs, wonach der Mensch aufgrund seiner exzentrischen Positionalität (Plessner) die Möglichkeit hat, sich gleichsam neben sich zu stellen und auf sich zu schauen. Dieser Doppelaspekt, Körper zu haben und Leib zu sein (Gabriel Marcel), scheint zwar phänomenologisch wahrnehmbar, bleibt aber eine künstliche Unterscheidung, die wohl auf die Verdinglichung leiblichen Seins zurückgeht. Streng genommen ist der Körper immer schon ein totes Ding (in der Anatomie werden Leichen seziert). Im englischen Sprachgebrauch gibt es die Unterscheidung zwischen Leib und Körper nicht und hier wird das Dilemma, den Leib in der Psychosomatik in einzelne Kompartimente aufgeteilt zu haben („Körper“, „Seele“ und „Geist“) dadurch gelöst, dass davon die Rede ist, dass alle menschlichen Lebensäußerungen immer auch „embodied“ sind.

Hofer-Moser, der sich zur Richtung der „Integrativen Therapie“ (Petzold) rechnet und sich auf die Philosophie vom Leibe her des Hermann Schmitz („Neue Phänomenologie“) beruft, tendiert zwar zur Leiblichkeit, kann aber auch die Trennung nicht wirklich übersteigen. Das heißt, sich nicht konsequent zu einer Sprache durchringen, die den lebendigen Leib bezielt. Einen Ansatz dazu sieht er in der „Synergetik“ nach Hermann Haken und Günter Schiepek. Synergetik, die Lehre vom Zusammenwirken, betrachtet vorrangig die „Selbstorganisation der Wirklichkeit“ auf verschiedenen Ebenen, wobei auf jeder Ebene neue emergente Phänomene sichtbar werden. Das erinnert doch sehr an das Schichtenmodell von Nicolai Hartmann.

„Mit dem Begriff „zirkulär“ wird der „dynamisch reziproke“ Charakter dieser Wechselwirkungen im Gegensatz zu „linear-kausalen“, nur in eine Richtung gehenden, Wirkungen herausgehoben (Fuchs, 2010). Dieses Modell ist vermutlich die größtmögliche Annäherung an das Phänomen „Lebendigkeit“ über eine abstrakt-analytische Konzeption, bei der zunächst relevante Teilsysteme identifiziert (zum Beispiel Organe, limbisches System) und anschließend ihre zirkulären und reziproken Wechselwirkungen untereinander und zum Gesamtsystem zur Darstellung gebracht werden“ (Seite 32).

Entscheidend bei dem Ansatz von Otto Hofer-Moser bleibt aber, den Leib spürbar und erfahrbar zu machen und so zu einer ganzheitlichen Therapeutik zu gelangen. Dazu sind die Spüranleitungen im Anhang hilfreich und die Fallvignetten anschaulich.

Zuerst erschienen in Ärzteblatt PP18, Ausgabe Juli 2019, Seite 331.

Bernd Kuck      
Februar 2021

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