Saint-Exupery,
Antoine de: Der kleine Prinz, Karl Rauch Verlag 1980, 69 S.
Das Lesen dieser Erzählung macht heiter und beschwingt. Die Schwere des Daseins
schwindet dahin, alles erscheint in einem heiteren Licht, die Welt wird
wertvoller und schöner. Zwischen den Zeilen steht geschrieben, dass das Dasein
aller Lebewesen einen tiefgründigen Sinn hat, den man mit dem bloßen Auge
nicht sehen kann. Die Bildung des Herzens ist notwenig, um das Wertvolle in der
Welt zu erkennen. Im Text sind Weisheiten und Wahrheiten beiläufig erwähnt,
die ihre Wirkung nicht verfehlen. Sie sprechen uns gefühlsmäßig an und machen
uns empfindsamer für die “kleinen“ Dinge der Lebens, die bei genauerer
Betrachtung doch nicht klein, sondern wesentlich sind. Diese Art von
Wahrheitsvermittlung hinterlässt beim Leser mehr Spuren als philosophische oder
wissenschaftliche Texte, die das gleiche Thema behandeln.
Die Unterhaltung zwischen dem Prinzen und dem Fuchs ist besonders rührend (S. 48
ff). Der Fuchs spricht zum kleinen Prinzen: “Mein Leben ist eintönig. Ich
jage Hühner, die Menschen jagen mich. Alle Hühner gleichen einander, und alle
Menschen gleichen einander. Ich langweile mich also ein wenig. Aber wenn du mich
zähmst, wird mein Leben wie durchsonnt sein. Ich werde den Klang deines
Schrittes kennen, der sich von allen andern unterscheidet. Die anderen Schritte
jagen mich unter die Erde. Der deine wird mich wie Musik aus dem Bau locken. Und
dann schau! Du siehst da drüben die Weizenfelder? Ich esse kein Brot. Für mich
ist der Weizen zwecklos. Die Weizenfelder erinnern mich an nichts. Und das ist
traurig. Aber du hast weizenblondes Haar. Oh, es wird wunderbar sein, wenn du
mich einmal gezähmt hast! Das Gold der Weizenfelder wird mich an dich erinnern.
Und ich werde das Rauschen des Windes im Getreide lieb gewinnen“.
Der kleine Prinz spricht zu den Rosen: “Niemand hat sich euch vertraut gemacht und
auch ihr habt euch niemandem vertraut gemacht. Ihr seid, wie mein Fuchs war. Der
war nichts als ein Fuchs wie hunderttausend andere. Aber ich habe ihn zu meinem
Freund gemacht, und jetzt ist er einzig in der Welt“.
Beim Abschied sagt der Fuchs zum kleinen Prinz: “Adieu. Hier mein Geheimnis. Es ist
ganz einfach: man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die
Augen unsichtbar“.
Dipl.-Psychologe Dr. Najib Arabu, Berlin
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